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16.05.2023

Status: abgegeben

EU Kommission: Gigabit Infrastructure Act

Der Gigabit Infrastructure Act (GIA) stellt eine Neufassung der Kostensenkungsrichtlinie (KSRL) aus 2014 dar mit der diese an den Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität (very high capacity networks – VHCN) angepasst werden soll. Im Gegensatz zur KSRL handelt es sich beim GIA um eine Verordnung, um für die einheitliche Umsetzung der Vorgaben in den Mitgliedstaaten zu sorgen.

Eckpunkte:

Zugang zu physischer Infrastruktur (Art 3)

  • Wie bereits in der KSRL werden Netzbetreiber dazu verpflichtet, ihre passive physische Infrastruktur anderen Unternehmen zu fairen Bedingungen und gegen ein angemessenes Entgelt zur Mitbenutzung zur Verfügung zu stellen.
  • Darüber hinaus umfasst der GIA nun auch den Zugang zu physischer Infrastruktur im Eigentum von Gebietskörperschaften sowie im Eigentum von öffentlichen Einrichtungen – unabhängig davon, ob es sich um Netzwerkkomponenten handelt. Auch diese Einrichtungen haben nun Netzbetreibern Zugang zu ihrer physischen Infrastruktur zu fairen und darüber hinaus auch nicht-diskriminierenden Bedingungen sowie gegen ein angemessenes Entgelt zu gewähren.
  • Voraussetzung ist jeweils die Errichtung bzw. der Ausbau eines Netzes mit sehr hoher Kapazität (VHCN).
  • In der Verordnung werden auch die Gründe festgelegt mit denen der Zugang bzw. die Mitbenutzung abgelehnt werden kann, etwa zum Schutz kritischer Infrastruktur oder sofern das Angebot bestehender Dienste auf der gleichen physischen Infrastruktur erheblich gestört werde würde.

Transparenzmaßnahmen (Art 4)

  • Netzbetreiber sind weiterhin dazu verpflichtet Mindestinformationen über die für den Netzausbau nutzbare Infrastruktur über eine zentrale Plattform – in Österreich bislang die Zentrale Stelle für Infrastrukturdaten (ZIS) - bereitzustellen.
  • Die Pflicht zur Bereitstellung dieser Mindestinformationen betrifft nun auch die neu erfasste physische Infrastruktur im Eigentum von Gebietskörperschaften sowie im Eigentum von öffentlichen Einrichtungen.

Koordinierung von Bauvorhaben (Art 5)

  • Wie auch bislang müssen Netzbereitsteller anderen Netzbereitstellern auf Nachfrage ein Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung über die Koordinierung von Bauvorhaben unterbreiten, wobei öffentlich geförderte Bauvorhaben auf Nachfrage verpflichtend der Koordinierung unterliegen.
  • Anders als bislang muss die Koordinierung nun bereits zwei Monate (anstelle von einem) zuvor beantragt werden.

Transparenz über geplante Bauvorhaben (Art 6)

  • Netzbereitsteller haben proaktiv Informationen über geplante Bauvorhaben einzumelden um anderen Netzbetreibern die Koordinierung von Bauvorhaben zu ermöglich. Dies ist bereits heute in § 80 Abs. 4 TKG 2021 umgesetzt, obwohl aufgrund der KSRL entsprechende Informationen grundsätzlich nur auf Anfrage eines anderen Betreibers zur Verfügung zu stellen wären
  • Anfragen müssen innerhalb von einer Woche beantwortet werden (bislang zwei Wochen).

Genehmigungsverfahren (Art 7)

  • Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, sämtliche für den Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität notwendigen Genehmigungen bundesweit zu vereinheitlichen. Darüber hinaus muss es möglich sein, die notwendigen Genehmigungen einheitlich, in elektronischem Format über den „single information point“ (bislang die ZIS) zu beantragen.
  • Bauvorhaben dürfen nicht bewilligt werden, wenn die Information über das geplante Bauvorhaben nicht vorab gem. Art 6 eingemeldet wurden.
  • Anträge sind von der zuständigen Behörde innerhalb einer Frist von 15 Tagen auf ihre Vollständigkeit hin zu prüfen sowie innerhalb von vier Monaten zu beantworten, andernfalls gilt der Antrag nach Ablauf der Frist automatisch als genehmigt.

Gebäudeinterne Infrastruktur, Zugangspunkte und Glasfaserverkabelung (Art 8)

  • Alle Neubauten sowie generalsanierten Gebäude sind in Hinkunft mit der für die Verlegung von Glasfaser notwendigen gebäudeinternen physischen Infrastruktur bis zu den Netzabschlusspunkten sowie mit gebäudeinterner Glasfaserverkabelung auszustatten. Dies betrifft auch Umbauten zur Verbesserung der Energieeffizienz.
  • Jedes Mehrparteienhaus ist darüber hinaus mit einem Zugangspunkt auszustatten über den Netzbetreiber die entsprechende Infrastruktur mitbenutzen können. Hierzu sind auch Leerrohre von jeder Wohnung bis zum Zugangspunkt vorzusehen.
  • Die Mitgliedstaaten müssen technische Standards erlassen damit Gebäude die Einhaltung der Vorgaben nachweisen können (sog. „fibre ready label“, das alte „NGA label“ war freiwillig). Ein solches Label ist Voraussetzung für die Baubewilligung.  

Zugang zur physischen Infrastruktur und Glasfaserverkabelung über den Zugangspunkt (Art 9)

  • Jeder Betreiber eines öffentlichen elektronischen Kommunikationsnetzes hat das Recht, sein Netz auf eigene Kosten bis zum Zugangspunkt auszubauen.
  • Darüber hinaus hat jeder Betreiber das Recht auf Zugang zur gebäudeinternen physischen Infrastruktur im Hinblick auf den Einsatz von Elementen von Netzen mit sehr hoher Kapazität, wenn eine Duplizierung technisch unmöglich oder wirtschaftlich ineffizient wäre.
  • Eigentümer der gebäudeinternen Infrastruktur haben Netzbereitstellern die Mitbenutzung zu fairen und nichtdiskriminierenden Bedingungen gegen ein angemessenes Entgelt zu ermöglichen.
  • Sofern ein Unternehmen Zugang zu seiner Infrastruktur bereits aufgrund anderer Verpflichtungen gewähren muss, insbesondere aufgrund von Zugangspflichten als Folge eines Marktanalyseverfahrens, kann das Recht auf Zugang zur physischen Infrastruktur auch eingeschränkt werden.

 

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